Hinweis: Informationsanfrage AfD/ProChemnitz/FreieSachsen
Sehr geehrte Damen und Herren,
zu Ihrer Informationsanfrage teile ich Ihnen im Auftrag des Oberbürgermeisters Folgendes mit:
Die Annahme, dass es sich im Bereich der Städtebauförderung, bei den Personalaufwendungen im Verantwortungsbereich der Abteilung Stadterneuerung, Koordination Fördermittel um freiwillige Ausgaben handeln würde, ist nicht richtig. Es sind im Wesentlichen kommunale Pflichtaufgaben zu erfüllen.
Zur Einordnung der Anfrage der Stadträte sollen deshalb zunächst Ausführungen über Pflichtaufgaben und deren Einordnung nach Kommunalem Haushalt- und Bundesstädtebaurecht gemacht werden sowie über den Zweck und die Wirkung von Städtebauförderung und die damit verbundenen baurechtlichen und zuwendungsrechtlichen Aufgaben.
Als gemeinschaftliche Aufgabe ist die Städtebauförderung eine zentrale Säule der Stadtentwicklungspolitik des Bundes, des Landes und der Kommunen, so auch der Stadt Chemnitz. Sie unterstützt seit 50 Jahren bundesweit, und seit 30 Jahren in Chemnitz, die baulichen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ökologischen Herausforderungen in der Stadt. Hinter der Erfolgsgeschichte steht ein ganz besonderer Ansatz: die Städtebauförderung als quartierbezogenes und integriertes Programm.
Die Abteilung Stadterneuerung im Stadtplanungsamt erfüllt mit Städtebaufördermitteln den Einnahmebeschaffungsgrundsatz für Kommunen nach Sächsischem Haushaltrecht. Maßnahmen der infrastrukturellen Grundversorgung sind gemäß VwV Kommunale Haushaltwirtschaft (VwV KomHWi) vorrangig im Haushalt zu planen. Nach diesem Grundsatz erschließt die Abteilung wichtige Finanzierungsquellen für Investitionen in die kommunale Infrastruktur. Dazu gehören seit 30 Jahren die Sanierung von Straßen und Plätzen, der Neubau der Zentralhaltestelle neben dem Kaufhof, viele denkmalgeschützte Parks, Spielplätze, der Konkordiapark und die Bunten Gärten, Anlagen am Schloßteich mit dem Schloßteichpavillon, Schulen aller Art, Kindertagesstätten, Jugendeinrichtungen, die städtischen Museen und das Kulturkaufhaus Tietz u. v. m.
Mit Städtebauförderung werden auch Brachen in der Stadt beseitigt, um neue Gewerbeflächen zu erschließen oder das Stadtgrün zu verbessern. Baukulturelles Erbe unserer Stadt wird mit Förderung vor dem Verfall bewahrt.
Schwerpunkte der Städtebauförderung sind auch wichtige zentrale Einrichtungen und Versorgungsnetze, wie das Landesarchäologiemuseum smac, die Jugendherberge am Getreidemarkt, das Bandhaus „Musikkombinat“ am Brühl oder der neue Wasserturm an der Leipziger Straße.
Jeder Euro der Städtebauförderung erzeugt in einem Wirtschaftskreislauf ca. 7 Euro Folgeinvestitionen – solch eine Wirkung hat kein anderes öffentliches Förderprogramm. Der Wirkungsgrad (Faktor) wird im Bereich der Brachenrevitalisierung mit 3 und im Bereich EFRE-Stadtentwicklung mit 2 geschätzt. Somit konnten in Chemnitz in 30 Jahren ca. 2,7 Mrd. € Folgeinvestitionen in der Stadterneuerung durch Städtebauförderung angeregt werden. Dazu wurden 435 Mio. € Einnahmen aus bis zu 15 verschiedenen Förderprogrammen für den städtischen Haushalt erzielt und durch ca. 204 Mio. € Eigenmittel der Stadt ergänzt, um damit unzählige Einzelvorhaben zu finanzieren.
Ebenso sind nichtinvestive Förderprojekte wichtiger Teil einer integrierten sozialen Stadtentwicklung mit Fördermitteln aus dem Europäischen Sozialfonds ESF. Seit 2016 wurden in 23 Projekten mit viel Engagement von 16 Vereinen 23.000 sozial benachteiligte Kinder, Jugendliche und Erwachsene unterstützt.
Die Akquise der Förderung und ihr korrekter Einsatz erfordern umfassende Expertise und Erfahrung im Umgang mit Förderrichtlinien der staatlichen Stellen. Die Aufgabe muss revisionssicher ausgeführt werden und erfordert die Beteiligung umfangreicher Fachstellen und der Bürgerschaft. Um die Koordinierung dieser komplexen Aufgaben kümmert sich die Abteilung Stadterneuerung, Koordination Fördermittel im Stadtplanungsamt.
Rechtlicher Rahmen und Auftrag ist auch das Bundesbaugesetzbuch BauGB mit dem besonderen Städtebaurecht. Die Durchführung von koordinierten städtebaulichen Maßnahmen zur Beseitigung flächendeckender städtebaulicher Missstände ist eine hoheitliche Aufgabe der Stadt. Dazu hat der Stadtrat die Durchführung solcher Gesamtmaßnahmen mit konkreten Handlungszielen und Maßnahmen beschlossen und die Verwaltung mit der Planung, Umsetzung und Finanzierung beauftragt.
Einige der Gebiete sind durch Satzung oder Beschluss festgelegte Sanierungsgebiete oder Stadtumbaugebiete nach BauGB. Sie sind mit umfassenden sanierungsrechtlichen und beitragsrechtlichen Genehmigungs- oder Bescheidverfahren verbunden, erfordern den Einsatz von Baugeboten oder deren Abwendung durch öffentlich-rechtliche Verträge. Damit werden private Eigentümer verpflichtet, Gebäude und städtebauliche Strukturen in den Gründerzeitgebieten zu erhalten und instand zu setzen. Unwirtschaftliche Aufwendungen sind ihnen dabei nach Gesetz zu erstatten. Auch dazu dienen Städtebaufördermittel.
Alle diese verpflichtenden Aufgaben gehören in der Verwaltung in die Zuständigkeit der Abteilung Stadterneuerung, Koordination Fördermittel.
- Wie hoch waren die jährlichen Arbeitsplatzkosten gemäß DA 1008 der Abteilung 61.3 „Stadterneuerung, Koordination Fördermittel“ inklusive der anteilmäßig hinzuzurechnenden Kosten der Abteilung 61.1 „Haushalt, Verwaltung, Verfahren, Verträge“ in den Jahren 2016, 2017, 2018, 2019 und 2020?
und - In welchem Umfang wurden im direkten Verantwortungsbereich der Abteilung 61.3 „Städtebauförderung, Koordination Fördermittel“ in den Jahren 2016, 2017, 2018, 2019 und 2020 Zuschüsse von externen Bewilligungsstellen an Fachämter oder stadtfremde Zuwendungsempfänger ausgereicht?
Umfang und Wirkung der Förderung wurden einleitend umfassend dargestellt.
Da es sich im Wesentlichen um Pflichtaufgaben in dieser Abteilung handelt, läuft die Annahme, allein durch partielle, einzelne Vergleiche von Arbeitsplatzkosten und ausgereichten Zuschüssen in den Jahren 2016 bis 2020 eine Aufwand-Nutzen-Bewertung durchzuführen ins Leere. Sie wäre anhand der von den Stadträten abgefragten Zahlen auch nicht sachgerecht.
Es gibt deshalb auch keine allgemein anerkannten Kennzahlen und Benchmarks zur Organisation und Personalbemessung für solche komplexen Aufgabenbereiche in öffentlichen Verwaltungen in der Bundesrepublik.
Der Aufwand für solche detaillierten Ermittlungen nach Jahren, Stellen, Ausfalltagen je Beschäftigter, anteiligen Kosten anderer Abteilungen, ggf. sich ändernder Teilzeitverträge oder Tarifsteigerungen für diesen Arbeitsbereich, wäre unangemessen hoch und ist zur Verwendung für diese Art der Aufwand-Nutzen-Betrachtung aus den genannten Gründen nicht gerechtfertigt.
Die Stadträte können Kosten der Verwaltung dem Haushaltplan und Stellenplan in einem Detaillierungsgrad entnehmen, welcher der Wahrnehmung ihrer Aufgaben als Stadtrat gerecht wir. Die Organisation der Verwaltung und der an der Aufgabenerfüllung orientierte Einsatz von entsprechend qualifiziertem Personal ist Aufgabe der Verwaltung.
3. Wie hat sich die Stellenzahl in der Abteilung 61.3 „Städtebauförderung, Koordination Fördermittel“ seit 2016 entwickelt?
Die Anzahl der Stellen ist um 2 AE auf 16,75 AE reduziert.
4. Welche Gründe gab es für die Einführung des neuen Sachgebietes Stadtumbau, Wohnungsbau, Zukunft Stadtgrün in der Abteilung 61.3 „Städtebauförderung, Koordination Fördermittel“, wenn ansonsten die Abteilung viele Jahre ohne Sachgebiete operierte?
Die Organisation der Verwaltung in ihrer internen Struktur ist Aufgabe der Verwaltung. In Abteilungen dieser Größenordnung werden in der Regel Sachgebiete gebildet. Außerdem wurde der neue Aufgabenkomplex Zukunft Stadtgrün dem Sachgebiet zugeordnet. Im Sachgebiet sind nur bereits vorhandene Stellen aus der Abteilung zugeordnet.
5. Wann gab es die letzte Organisationsuntersuchung für die Abteilung 61.3 „Städtebauförderung, Koordination Fördermittel“?
Die letzte Organisationsuntersuchung wurde mit dem Ziel der Bildung des Sachgebietes 2018 durchgeführt.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Stötzer
Bürgermeister
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