Sehr geehrter Herr Bader,
in Ihrer Ratsanfrage formulierten Sie:
Im Interesse der Stadt Chemnitz empfinden wir es als wichtig, dass sich die Innenstadt für unsere Bürger und Gäste sauber und sicher präsentiert.
In den letzten Monaten tauchten aber wieder vermehrt herumlungernde Menschengruppen im Innenstadtbereich auf. Das betrifft vor allem den Bereich Straße der Nationen 2-4 (vor „Rossmann“), die Zentralhaltestelle sowie den Düsseldorfer Platz und das Freigelände Am Wall. Das Erscheinungsbild dieser Personengruppen schreckt Touristen genauso wie Einheimische ab und schadet dem Einzelhandel in der Innenstadt. Auch die abschreckende Wirkung auf Kinder und Jugendliche ist nicht zu unterschätzen.
1. Was unternimmt die Stadt Chemnitz bezüglich betrunkener und/oder unter Drogen stehender Bürger, welche sich in der Innenstadt auffallen?
2. Wie wird gegen vermehrt auftauchende Bettler vorgegangen?
3. Wieviel Kontrollen führte der Stadtordnungsdienst 2018 bezüglich solcher Personengruppen durch?
4. Welche Sanktionen wurden im Jahr 2018 in diesem Zusammenhang ausgesprochen?
5. Wurden Sanktionen nicht beachtet – welche Folgen hatte das für die betreffenden Personen?
6. Wie möchte die Stadt Chemnitz endlich dieses Problem dauerhaft und nachhaltig in den Griff bekommen?
7. Ist es seitens der Stadt Chemnitz angedacht, für diese Problem-Gruppen offene Angebote (Anlaufstellen, von Sozialarbeitern betreute Räumlichkeiten, „Druckräume“ für Drogenabhängige) einzurichten?
Im Auftrag der Oberbürgermeisterin teile ich Ihnen hierzu Folgendes mit:
Die vorliegende Ratsanfrage entspricht nicht den Voraussetzungen des § 28 Abs. 6 SächsGemO in Verbindung mit § 4 der Geschäftsordnung des Stadtrates der Stadt Chemnitz.
Nach § 28 Abs. 6 Satz 1 SächsGemO kann jeder Gemeinderat an den Bürgermeister schriftliche oder in einer Sitzung des Gemeinderates mündliche Anfragen über einzelne Angelegenheiten der Gemeinde richten. Gemäß Satz 2 dieser Vorschrift ist das Nähere in der Geschäftsordnung zu regeln.
Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 der Geschäftsordnung des Stadtrates der Stadt Chemnitz sind nur Fragen zugelassen, keine Vorschläge, Wertungen oder Kritiken. Ihre vorangestellten Ausführungen enthalten Wertungen. Auch die von Ihnen gestellten Fragen enthalten in der Zusammenschau Wertungen, so dass die Ratsanfrage bereits aus diesem Grunde unzulässig ist.
Darüber hinaus hat die Ratsanfrage keine einzelnen Angelegenheiten im Sinne des § 28 Abs. 6 SächsGemO zum Gegenstand.
Einzelne Angelegenheiten sind solche, die sich auf einen konkreten Lebenssachverhalt beziehen (vgl. Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 07. Juli 2015 – 4 A 12/14 –, juris Rn. 24). Ein konkreter Lebenssachverhalt ist dann gegeben, wenn er nach Ort, Zeit und dem Kreis der eventuell betroffenen Personen bestimmbar ist; dabei muss zwischen diesen Elementen eine Verbindung bestehen (vgl. VG Chemnitz, Urteil vom 24.01.2019, 1 K 672/18; Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 07. Juli 2015 – 4 A 12/14 –, juris). Nicht hinreichend ist dies beispielsweise dann der Fall, wenn die Anfrage allgemein formuliert und darauf gerichtet ist, einen konkreten Lebenssachverhalt erst in Erfahrung zu bringen. Das soll dann der Fall sein, wenn es bei der Frage um eine anlassunabhängige Feststellung, also um eine allgemeine „Ausforschung“ geht, welche allenfalls die Vorstufe einer konkreten Frage sein kann (vgl. VG Chemnitz, Urteil vom 24.01.2019, 1 K 672/18). Solche Fragen „ins Blaue hinein“, welche allein auf eine allgemeine Ausforschung gerichtet sind, sind deshalb unzulässig (vgl. VG Chemnitz, Urteil vom 06.11.2013, 1 K 549/13; VG Chemnitz, Urteil vom 24.01.2019, 1 K 672/18).
Aus den von Ihnen pauschal und allgemein gewählten Formulierungen ergibt sich, dass sich diese nicht auf einen einzelnen, konkreten Lebenssachverhalt beziehen, sondern gerade auf eine Vielzahl verschiedener Lebenssachverhalte (vgl. VG Chemnitz, Urteil vom 24.01.2019, 1 K 672/18). Eine Begrenzung auf „herumlungernde Menschengruppen“ bzw. „betrunkene und/oder unter Drogen stehende Bürger“, „auftauchende Bettler“ sowie „Problem-Gruppen“ zielt nicht auf einen einzelnen, konkreten Sachverhalt ab. In diesem Zusammenhang kann auch eine Begrenzung auf das Jahr 2018 nicht die Annahme eines konkreten Lebenssachverhaltes begründen.
Die Ratsanfrage lässt damit die von der Rechtsprechung geforderten Voraussetzungen nach § 28 Abs. 6 SächsGemO nicht erkennen, insbesondere wird jeweils kein konkret abgrenzbarer Lebenssachverhalt erfragt, der eine bestimmte Fallbezogenheit aufweist.
Freundliche Grüße
Miko Runkel
Bürgermeister
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