Seit weit mehr als fünf Jahren ist der neue Tunnel im Chemnitzer Hauptbahnhof Thema im Chemnitzer Stadtrat. Von Beginn an bei der Planung beteiligt: SPD, Linke, Grüne, CDU FDP.
Plötzlich entdecken die Vertreter dieser Fraktionen, was alles fehlt im Tunnel. Ein Geländer auf der Treppe wurde bereits nachträglich angebracht, jetzt sollen weitere Umbauten für mehr Barrierefreiheit in Richtung Georgstraße erfolgen. Das soll der Stadtrat in der kommenden Woche (10.02.2021) beschließen (Quelle: https://bit.ly/3czm0ik).
„Flickschusterei“, sagt AfD-Stadtrat Nico Köhler. Denn das Thema „Bahnhofstunnel“ liegt seit Jahren auf dem Tisch. „Im Rahmen der Öffnung Richtung Sonnenberg hätte man diese Arbeiten gleich mit planen und ausführen können. Diese Fraktionen wussten von Beginn an, wie der Tunnel geplant ist. Alle haben immer wieder fleißig die Hand gehoben und zugestimmt. Einwände zum Thema Barrierefreiheit waren nie zu vernehmen.“
Noch im März 2019 lobte Grünen-Veteran Bernhard Herrmann den neuen Tunnel in einer Pressemitteilung – von Hinweisen auf mangelnde Barrierefreiheit nur wenige Meter weiter keine Spur (Quelle: https://bit.ly/3tjNVIU). Im April 2019 organisierte Grünen-Frontfrau Katharina Weyandt sogar eine kleine Party für den Tunnel-Neubau (Quelle: https://bit.ly/3jagBzi). Lobeshymnen gab es auch bei den anderen Fraktionen für den eigenen Beschluss.
Zeit für Änderungen war genug vorhanden: Der Bau war laut Beschluss vom 8. Oktober 2015 im Stadtrat (Quelle: https://bit.ly/3oHIO1J) für eigentlich schon für 2016 geplant. Dann fand die Stadt Chemnitz kein Bauunternehmen, 2019 wurde endlich – nachdem nochmal rund 700.000 Euro für das rund vier Millionen Euro teure Projekt nachgeschoben wurden (Quelle: https://bit.ly/2MNOABq) – mit dem Ausbau begonnen.
Köhler: „Jetzt bemängeln die Fraktionen im Endeffekt ihre eigenen Beschlüsse und verursachen mit ihren nachträglichen Sonderwünschen weitere Kosten, die dem Chemnitzer Haushalt für andere Dinge fehlen werden. Mit einer weitsichtigen und ernsthaften Beschäftigung mit diesem Thema hätte das bereits im Vorfeld vermieden werden können.
Dieser Vorgang zeigt, wie kurzsichtig oftmals von den Altparteien agiert wird. Auch jetzt ist keinerlei Selbstkritik zu erkennen, dass man im gemeinsamen Planungsprozess mit der Stadt Chemnitz nicht zeitiger eingegriffen hat und die neuen Vorschläge bereits im grundlegenden Bauablauf integriert hat.“
Ein Lob gibt es dennoch: „Dass die sogenannten demokratischen Fraktionen unseren Vorschlag, die Tunnelwände zur legalen Graffiti-Nutzung freizugeben, übernommen haben, ist ein gutes Zeichen für den sachlich-kritischen Einsatz unserer AfD-Fraktion im Stadtrat Chemnitz.“
R. Grübner meint
Der „plötzliche“ Sinneswandel der genannten Fraktionen wirkt für den interessierten Beobachter und Kenner der Materie schon ziemlich seltsam. Bei in der Vergangenheit sehr wohl von verschiedener Seite vorgebrachten Anregungen zu durchgehend ebenerdigen Verbindung hieß es stets, das dies seitens des Eigentümers Deutsche Bahn AG abgelehnt wurde. Daher sollte der ursprünglich zur dauerhaften Schließung vorgesehene hintere Bahnhofstunnel („Bazillenröhre“) als barrierefreie Verbindung sowie für den Radverkehr doch erhalten und saniert werden. Diese Sanierung ist ja auch gerade in Arbeit, u.a. mit Erneuerung des Zugangs von der Dresdner Straße.
Und nun ist plötzlich alles wieder anders, nur weil einige Stadträte einfach mal wieder ihre Meinung ändern? Das die Deutsche Bahn AG als Eigentümer ihren Standpunkt ändert, ist eher unwahrscheinlich.