Sehr geehrter Herr Boden,
zu Ihrer Ratsanfrage teile ich Ihnen im Auftrag des Oberbürgermeisters Folgendes mit:
- Wieso wurde die bauliche Unternutzung des Standortes baurechtlich zugelassen?
Das Flurstück 635/18 der Gemarkung Altchemnitz liegt im Geltungsbereich des rechtskräftigen Bebauungsplans 95/12 „Hermann Pöge-Straße“ – in Kraft getreten am 23. Juni 2010 – und weist ein Gewerbegebiet (GE) im Sinne des § 8 Baunutzungsverordnung (BauNVO) aus.
Die Beurteilung der Zulässigkeit der im September 2009 beantragten Photovoltaikanlage erfolgte auf Grundlage dieser bauplanungsrechtlichen Vorgabe. Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben. Zulässig sind u. a. Gewerbebetriebe aller Art, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe. Die beantragte Photovoltaikanlage zur Energieerzeugung stellt einen zulässigen Gewerbebetrieb i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO dar.
Die Baugenehmigung wurde am 16.11.2009 vor Rechtskraft des Bebauungsplanes erteilt. Dies ist nach § 33 Baugesetzbuch möglich, wenn das Satzungsverfahren einen definierten Planstand hat und das Bauvorhaben im Wesentlichen den künftigen Festsetzungen entspricht. Das wurde für das Bauvorhaben festgestellt.
Das Flurstück 635/18 ist als Altlaststandort „ehemaliger Chemiehandel, Werner-SeelenbinderStraße 8“ unter der Altlastenkennziffer 61270 367 im Sächsischen Altlastenkataster registriert. Entsprechend der vorliegenden Sanierungskonzepte werden derzeit Maßnahmen zur Grundwassersanierung durchgeführt, so dass eine Vermarktung dieser Fläche für andere Gewerbe stark beeinträchtigt ist. Das Plangebiet wird zudem von mehreren Leitungen gequert, u.a. Fernwärme- und ELT-Freileitungen, deren Lage und Schutzabstände zu berücksichtigen sind.
Durch Altlastenuntersuchungen wurde festgestellt, dass im Zuge des Betriebes des Chemiehandels im großen Umfang Schadstoffe in den Untergrund gelangten. Im Boden und Grundwasser liegen sanierungsbedürftige Kontaminationen vor.
Ein Sanierungserfordernis wurde von der damals zuständigen Aufsichtsbehörde, dem Regierungspräsidium Chemnitz, per Anordnung vom 19.10.2001 festgestellt.
In dem Plangebiet befinden sich mehrere Grundwassermessstellen, die zur Durchführung des Grundwassermonitorings des gesamten Areals des ehemaligen Chemiehandels und zur Überwachung der Sanierung des Grundwasserschadens weiterhin genutzt werden müssen.
Die Altlast auf dem Grundstück wird in situ saniert, d.h. kein Abtransport, sondern Einsatz von Bakterien und Chemikalien. Für eine gewerbliche Bebauung wären zur Sicherstellung gesunder Arbeitsbedingungen derzeit keine Tiefgründungen und erhebliche bauliche und finanzielle Mehraufwendungen für gasdichte Sperrungen im Boden und Bodenplatten notwendig.
Bis zur Bestätigung des Altlastensanierungsziels ist aufgrund der geringen Eingriffe in den Boden und der fehlenden Gesundheitsbeeinträchtigung die Photovoltaikanlage eine geeignete Zwischennutzung.
- Waren bei der Genehmigung des Solarfeldes Ausnahmen und Befreiungen vom Bebauungsplan erteilt worden und wenn ja, wie erfolgte die Abwägung?
Es wurden keine Ausnahmen und Befreiungen vom Bebauungsplan bei der Genehmigung der Photovoltaikanlage erteilt.
Freundliche Grüße
Michael Stötzer
Bürgermeister
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